GEGEN DEN TOD COUTURE

GEGEN DEN TOD COUTURE

AB DEM 5.6.2021, DEM DIESJÄHRIGEN TAG DER ORGANSPENDE, LÄUFT DIE AKTION „GEGEN DEN TOD COUTURE“ – COUTURE! MODE! FASHION! JA!

Der Verein Gegen den Tod auf der Organ-Warteliste e.V. verfolgt ein doppeltes Ziel: Bessere Transplantationsgesetze und mehr Zustimmung der Bevölkerung zur postmortalen Organspende.

Beides konnten wir – zusammen mit anderen Aktivisten und Institutionen – bisher nur sehr begrenzt erreichen.

Nun hoffen wir, mit der Kampagne Gegen den Tod Couture endlich so viel Aufmerksamkeit zu erzeugen, dass das Problem des Todes auf der Organ-Warteliste bei jungen Menschen, aber nicht nur dort, wirklich ankommt.

Wir hoffen, dass diese Kampagne die postmortale Spendebereitschaft in Deutschland so erhöht, so dass man sich international wenigstens nicht mehr schämen muss!

Die Werbeagentur Proximity, Düsseldorf, hat ihr diesjähriges Sozialprojekt der Organspende gewidmet. Und wir sind stolzer Partner der Kampagne!

Ziel der Kampagne sind die jungen Leute, die Lebensrisiken (auch bei Corona) ja gerne unterschätzen. Sie werden auf den T-Shirts, Käppis, Hoodies, Beuteln durch flotte freche Sprüche zur Organspende angesprochen.

Stets ist auch ein Spendeausweis aufgedruckt oder angehängt, der Organspendeausweis zum Anziehen sozusagen. Schauen Sie sich mal an, was sich kreative Modedesigner zu Gunsten der Organspende ausgedacht haben: www.gegendentodcouture.de.

Die Webseite stellt nicht nur die Mode vor (freche Sprüche, tolle Fotos und Videos, super Models), sondern enthält auch sachliche Infos über die Organspende, Interviews mit Betroffenen und, natürlich, die Möglichkeit, die Klamotten auch zu kaufen, selbst zu tragen und zu verschenken.

Wenn Sie in der Trambahn ein solches T-Shirt tragen, müssen Sie mit der Frage rechnen, was bedeutet das "Do not waste me"? Oder "Ride on" mit einem Herz auf einem Skateboard? Darauf haben Sie dann sicher eine Antwort - und vielleicht einen neuen unterzeichneten Organspendeausweis gewonnen.



Überkreuzspende: In vielen Ländern praktiziert, in Deutschland nicht. Das wollen wir ändern, damit weniger Menschen sterben müssen.


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Überkreuzspende: In vielen Ländern praktiziert, in Deutschland nicht. Das wollen wir ändern, damit weniger Menschen sterben müssen.

Stellungnahme vom 5. April 2019

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat 2017 in einem Gutachten zur anonymen Überkreuzspende dargelegt, dass derartige Programme in 11 europäischen Ländern seit vielen Jahren gängige Praxis sind, und zwar in Bulgarien, Estland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Litauen, den Niederlanden, in Österreich, der Schweiz, in Spanien und Ungarn. In Deutschland sind dagegen Organspenden nur unter nahestehenden Personen erlaubt – eine Voraussetzung, die nur ausnahmsweise gegeben ist.

Wie funktionieren Überkreuzspenden? Nehmen wir an: Die Partnerin bei einem Paar A ist schwer nierenkrank, verträgt die Dialyse schlecht, die Wartezeit auf ein Organ eines verstorbenen Spenders ist lang und ungewiss. Ihr Partner wäre bereit, ihr eine Niere zu spenden – aber Spender und Empfänger sind medizinisch inkompatibel, so dass die Organtransplantation mit erheblichen Nachteilen für den Empfänger verbunden wäre.

Roter Pfeil: Spende medizinisch nicht möglich oder für den Empfänger nicht ratsam.

Grüner Pfeil: Spende medizinisch möglich und vorteilhaft für den Empfänger

Wenn nun ein Paar B dasselbe Problem hat, besteht die Möglichkeit, dass beiden Paaren durch eine Überkreuzspende geholfen werden kann. Die Niere des Spenders von Paar A geht an den Organpatienten des Paares B — und umgekehrt.

Der Einwand, durch eine Überkreuzspende werde Organhandel gefördert, ist völlig unplausibel, denn es gibt ja ein gegenseitiges ausgeglichenes Geben und Nehmen. Für eine Geldzahlung besteht also kein Anlass, da keines der Paare in der Schuld des anderen Paares steht. Für eine Zahlung besteht auch keine Möglichkeit, denn bei den praktizierten Überkreuz-Programmen kennen sich Empfänger und Spender nicht. Zudem entscheidet – wie bei jeder Lebendspende -- letztlich eine Ethikkommission, ob die Transplantation durchgeführt werden darf.

Den Einwand, dass auf den Spender ein emotionaler Druck ausgeübt worden sein könnte, muss man dagegen ernst nehmen. Es ist aber hier nicht anders als bei jeder Lebendorganspende. (Daher muss man die postmortale Organspende stärken, z.B. durch die Widerspruchslösung.)

Die Möglichkeit, spendenbereiten Paaren zu helfen, ist umso größer je besser die Organe zusammenpassen. Und das hängt wesentlich von der Zahl der Paare ab, die sich für das Überkreuz-Programm angemeldet haben. Wir haben daher für Paare eine – natürlich gesetzeskonforme – Möglichkeit geschaffen, ihr Interesse an der Teilnahme an einer Überkreuzspende zu bekunden.

Spendenwillige Paare können sich kostenlos eintragen unter: https://crossover-nierenspenderliste.de

In folgendem Link https://www.stern.de/gesundheit/organspende-niere-ringtausch-tausch-simone-reitmaier-6939720.html erfahren Sie etwas über den mühsamen Weg, den eine deutsche Familie gehen musste, um die kranke Tochter durch eine Überkreuztransplantation in Spanien von ihrem Organleiden zu befreien.

Wir fordern, das Transplantationsgesetz so zu ändern, dass Überkreuzspenden auch in Deutschland möglich werden. Ganz einfach: So, wie es die vielen anderen Länder uns vormachen.

Dr. Rigmar Osterkamp, Gründungsmitglied


Tag der Organspende: wieder ohne Reformdiskussion


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Tag der Organspende: wieder ohne Reformdiskussion

Stellungnahme vom 05. Mai 2019

Der diesjährige Tag der Organspende, am Samstag 1. Juni in Kiel, wird, wie immer, vielfältige sachliche Information rund um das Thema Transplantation und Organspende bieten, aber, wie immer, einen Themenbereich ausblenden: Die Ursachen des Mangels an transplantierbaren Organen, die Möglichkeiten gesetzlicher Reformen und die Regelungen in anderen Ländern, die den Tod auf der Organ-Warteliste erfolgreicher bekämpfen als wir in Deutschland.

Warum diese Zurückhaltung? Der Tag der Organspende, seit 1983 jährlich an wechselnden Orten begangen, geht auf eine Initiative der Selbsthilfeorganisationen zurück, die den Organspendern – den lebenden, den verstorbenen und ihren Angehörigen – ihren Dank ausdrücken wollen. Daher hat man sich anfangs auf sachliche, v.a. medizinische Information und auf Appelle zum Unterzeichnen eines Spenderausweises beschränkt. Das war damals verständlich und angemessen, denn die Hoffnung war ja nicht unrealistisch, durch Appelle irgendwann steigende Spenderzahlen zu erreichen. Aber es kam anders. Statt zu steigen, befinden sich die Spenderzahlen – grob gesprochen – seit zehn Jahren im freien Fall. Das hat aber am Konzept des Tags der Organspende nichts geändert. Man beschränkt sich weiter aufs Danken, Aufklären und Appellieren. Gesetzliche Reformmöglichkeiten sind kein Thema.

Organisatorisch und finanziell unterstützt wird der Tag der Organspende von der Deutschen Stiftung Organtransplantation, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, von Krankenkassen und Ärzteverbänden. Dass diese Institutionen und Verbände sich mit Aussagen zu Reformmöglichkeiten oder gar mit Reformforderungen zurückhalten, ist verständlich. Aber dass die Selbsthilfeorganisationen bei ihrer sachlichen Aufklärungsarbeit den Reformaspekt aussparen, über den man ja genauso sachlich aufklären könnte, ist weniger leicht verständlich. Es mag daran liegen, dass die Ansichten der Mitglieder in der Reformfrage zu unterschiedlich sind. Teils aber liegt es wohl auch daran, dass einige Selbsthilfeorganisationen bisher nicht festgestellt haben, welche Reformansichten bei den Mitgliedern überhaupt bestehen.

Wir vom Verein „Gegen den Tod auf der Organ-Warteliste e.V.“ wollen zur Linderung des Organmangels v.a. dadurch beitragen, dass wir die Diskussion um Reformmöglichkeiten intensiv führen und sie in die Gesellschaft, aber auch in den Bundestag hineintragen. Dabei verhehlen wir nicht, dass wir die Widerspruchslösung (und weitere Reformen) für einen richtigen Weg halten.

Die Reformdiskussion hätten wir gerne auch in den Tag der Organspende eingebracht, und zwar als offizieller Teilnehmer. Daher hatten wir den veranstaltenden Gruppen vorgeschlagen, dass neben den üblichen Zelten für Niere, Leber, Lunge, Herz, ärztliche Aufklärung, Kinder, Sportler, Angehörige von Organspendern, Krankenkassen und anderes mehr (teils gibt es jeweils mehrere dieser Zelte) diesmal auch wenigstens ein „Reformzelt“ dabei sein sollte, in dem Gruppen mit Reformideen ihre Ansichten unter einander und mit dem Publikum austauschen können. Unser Antrag wurde jedoch abgelehnt – wie schon im letzten Jahr. Natürlich nicht, weil man nicht über Reformen diskutieren wollte, sondern aus „Platzgründen“. Außerdem sei unser Antrag zu spät gestellt worden.

Beim diesjährigen Tag der Organspende wird also erneut alles beim Alten bleiben. Dazu gehört auch der traditionelle und immer sehr schön gestaltete ökumenische Gottesdienst, mit dem der Tag begonnen wird. Aber auch dabei wird vermutlich wieder ein Aspekt fehlen, der schon im letzten und im vorletzten Jahr (und wohl immer schon) gefehlt hat: nämlich die ja eigentlich selbstverständliche Aussage, dass jemand, der ein Spenderorgan annehmen würde, auch einen Organspenderausweis unterschrieben haben sollte. In einer christlichen Kirche ist diese Aussage besonders selbstverständlich, weil sie aus dem Neuen Testament folgt. Bei Matthäus 7, 12 heißt es: „Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen.“ (Inhaltlich identisch auch bei Lukas 6, 31.) Indes, eine solche Ansprache hieße ja, den Menschen ins Gewissen zu reden. Aber damit will man die Besucher des Gottesdienstes dann besser doch nicht belasten.

Nach der erneuten Ablehnung unserer Teilnahme werden wir, genau wie im letzten Jahr in Saarbrücken, uns selbst eine „Wildcard“ ausstellen und, wie im letzten Jahr, am Rande der offiziellen Zeltstadt unseren Infostand aufschlagen. Wir hoffen, dass wir, wie im letzten Jahr, wieder mit vielen Bürgern ins Gespräch kommen, v.a. mit solchen, die gar nicht die Absicht haben, den offiziellen Tag der Organspende zu besuchen, aber bei uns hängen bleiben. Wir sprechen dann mit ihnen über Reformmöglichkeiten, Regelungen in anderen Ländern und über ein Verhalten gemäß der Goldenen Regel bei Matthäus, Lukas und Kant. Und auf die Vorzüge der Widerspruchslösung werden wir dabei wohl auch zu sprechen kommen.

Besuchen Sie uns an unserem Independent-Stand in Kiel, Asmus-Bremer-Platz, am Samstag, 1. Juni, ab 10 Uhr, bzw. nach dem Gottesdienst ab etwa 11.30 Uhr!

Dr. Rigmar Osterkamp


6 : 3 für die Widerspruchslösung: Widerspruch, Zustimmung und Bonus im Vergleich


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6 : 3 für die Widerspruchslösung: Widerspruch, Zustimmung und Bonus im Vergleich

Stellungnahme vom 20. April 2019

Zunächst die Ergebnisse des Vergleichs der drei verschiedenen Regelungen im Überblick:

Kriterium

Widerspruchslösung

Verbesserte Zustimmungslösung

Bonus-Lösung

Wirksamkeit gegen den Tod auf der Organ-Warteliste

Recht gut

Schlechter als WSL

Sehr gut

Respekt vor dem Nein

Vollständig

Vollständig

Vollständig

Sicherung der Autonomie der Entscheidung

Vollständig

Vollständig

Vollständig (mit kleinem „?“)

Fairness

Mittel

Gering

Hoch

Politische Realisierbarkeit in Deutschland

Mittel

Mittel

Aussichtslos

Verbreitung

In den meisten Ländern

Nur in wenigen Ländern

Nur in Israel und Singapur

 

Zwei mögliche Reformen der Organspende werden aktuell in Deutschland diskutiert: die Einführung einer Widerspruchslösung (WSL, Gruppe um Gesundheitsminister Spahn und Karl Lauterbach) und eine Verbesserung der geltenden Zustimmungslösung (ZL, Gruppe um Annalena Baerbock). Zusätzlich soll hier auch die Bonus-Lösung (BL) in den Vergleich einbezogen werden.

Die Minderung der Zahl der Toten auf der Organ-Warteliste, also die Wirksamkeit der Regelung, dürfte bei der WSL stärker ausfallen als bei der ZL, selbst wenn die Hinterbliebenen bei der WSL noch mitreden dürfen. Das ergibt sich eindeutig aus systematischen empirischen Studien mit vielen Ländern, vielen Jahren und vielen Einflussfaktoren. Nur die BL dürfte noch besser sein: Wer ein Spenderorgan benötigt und früher einen Spendeausweis unterschrieben hat, erhält einen Bonus in Form eines (ein wenig) besseren Platzes auf der Warteliste. Wie das Beispiel Israel zeigt: sehr wirksam.

Der Schutz der Nein-Sager gegen eine von ihnen nicht gewollte Organentnahme nach dem Tod ist in der aktuellen Form der Zustimmungslösung schwach, weil es für das Nein keine sichere (z.B. eine elektronische) Registrierung gibt, und die Hinterbliebenen oft nicht wissen, was der Wunsch des Verstorbenen war. Die diskutierte Verbesserung der ZL im Baerbock-Vorschlag besteht nun darin – und im Grunde nur darin, denn von der behaupteten Entscheidungs-“Pflicht“ kann ja keine Rede sein –, eine elektronische Registrierung einzuführen. (Diese hätte man längst haben können, denn das Transplantationsgesetz sieht ein solches Register ausdrücklich vor. Aber es bleibt bis heute bei den Zetteln und Plastikkärtchen des „Spendeausweises“.) Dagegen gehört zu einer WSL (ebenso wie zur BL) zwingend eine sichere Registrierung der getroffenen Entscheidung, und das heißt: eine elektronische Registrierung wie in allen Ländern mit WSL. Wenn die geltende ZL um eine elektronische Registrierung ergänzt wird, ist der Schutz der Nein-Sager ähnlich sicher wie bei der WSL und der BL.  

Die Autonomie der Entscheidung für oder gegen die postmortale Organspende werde durch die WSL eingeschränkt, sagen manche. Ein bekannter akademischer Fach-Ethiker versteigt sich sogar zu der Behauptung, die WSL würde auf eine „Zwangssozialisierung der Organe“ hinauslaufen. Leider ohne Begründung. Wie ist es bei nüchterner Betrachtung? Dazu muss man ein paar Fälle unterscheiden.

  • Wer sich gegen eine Organspende nach dem Tod entschieden hat, muss im Rahmen der ZL nichts weiter tun. Bei einer WSL hingegen muss er oder sie einen kleinen Schritt gehen, nämlich die getroffene Entscheidung der Ablehnung in geeigneter Form bekunden, zumindest den Verwandten mitteilen.
  • Wer sich für eine Organspende nach dem Tod entschieden hat, braucht im Rahmen einer WSL nichts zu tun, muss aber bei der ZL den kleinen Schritt unternehmen und seine Zustimmung registrieren lassen. Die beiden Fälle sind also ganz symmetrisch. Je nach getroffener Entscheidung und je nach geltender Regelung ist entweder kein weiterer Schritt erforderlich oder ein kleiner. Stellt die Notwendigkeit, in bestimmten Konstellationen eine getroffene Entscheidung zu bekunden, eine Einschränkung der Autonomie dieser Entscheidung dar? Eher ist das Gegenteil der Fall: Die Bekundung unterstreicht die Autonomie der Entscheidung.
  • Es mag auch jemand noch um eine Entscheidung ringen. Wenn diese zukünftig getroffen sein wird, wird – je nach der dann geltenden Regelung – entweder kein weiterer Schritt notwendig sein oder ein kleiner. Die Autonomie der Entscheidung selbst ist davon wiederum unberührt.
  • Es mag auch jemand entschieden haben, sich mit der Frage nicht beschäftigen zu wollen. Das Recht zu einer solchen Entscheidung steht jedem zu. Es wird durch keine der beiden möglichen Regelungen eingeschränkt. Allerdings: wie bei jeder autonomen Entscheidung muss man die eventuellen Konsequenzen tragen.

Wie ist es bei der BL, die den Inhaber eines Spendeausweises mit einem besseren Wartelistenplatz belohnt? Wie die allgemeine Lebenserfahrung und das Beispiel Israels zeigen, dürfte die BL dazu führen, dass sich mehr Menschen für den Spendeausweis entscheiden. Hätte die BL in diesem Fall die Autonomie der Entscheidung beeinträchtigt? Darüber kann man vielleicht streiten. Aber sicher ist: der Tod auf der Organ-Warteliste würde eingeschränkt.

Ob viele oder wenige Menschen durch die geltenden Regeln zu der moralisch fragwürdigen Haltung Nehmen Ja – Geben Nein verleitet werden – das macht den Unterschied in der Fairness des Regelsystems aus. Die BL würde nicht nur dem Tod auf der Organ-Warteliste wirksam begegnen sondern auch die Fairness des Systems der Organspende erhöhen.  

Wie fair wäre eine WSL (ohne Bonus) in Deutschland? Legt man die Zahlen aus Österreich (dort WSL ohne Bonus) zugrunde, ergibt sich, dass bei einem Übergang von der ZL zur WSL die Zahl der Menschen, die die Haltung Nehmen Ja – Geben Nein einnehmen, erheblich zurückgehen würde. Diesen Effekt hätte die um ein elektronisches Register ergänzte ZL nicht, die unter den drei verglichenen Regelungen also am Unfairsten ist.

Die politische Realisierbarkeit der BL ist nicht nur am geringsten von den drei Alternativen, sondern in Deutschland wohl auch gleich Null. Dagegen scheinen die WSL und die Reform der ZL in etwa gleich gute Chancen zu haben.

Die meisten anderen Länder haben sich längst für die WSL entschieden. Eine ZL gilt nur noch in wenigen Ländern. Eine BL haben bis heute aber nur zwei Länder eingeführt: Israel und Singapur.

Fazit: Wenn man nur die WSL mit der (verbesserten) ZL vergleicht, wird man sagen können: 6 : 3 für die WSL. 

Dr. Rigmar Osterkamp

 

Die Widerspruchslösung verführt. Ja, aber …


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Die Widerspruchslösung verführt. Ja, aber …

Stellungnahme vom 21. Mai 2019

Die Widerspruchslösung (WSL) kann Menschen zu einer Entscheidung verführen, die sie eigentlich nicht treffen wollen. So lautet ein beliebtes Argument gegen die WSL. Das Argument ist nicht falsch – aber noch kein Grund, die WSL abzulehnen, denn bei der Zustimmungslösung (ZL) kann es eine solche Verführungswirkung ebenfalls geben.

Aus den Untersuchungen und Experimenten der Verhaltensökonomik, ein noch junger Zweig der Volkswirtschaftslehre, wissen wir, dass die Art und Weise der Präsentation von zwei Optionen eine Wirkung hat auf die Entscheidung, die getroffen wird. Oft können Optionen entweder als WSL oder als ZL präsentiert werden. So auch bei der Organspende.

Im Rahmen einer WSL ist die Bereitschaft zur postmortalen Organspende „voreingestellt“, sie ist dann die „Standard“-Option (auch als „Default“ bezeichnet). Man kann auch widersprechen, aber die Standard-Option „kein Widerspruch“ übt einen Sog aus.

Im Rahmen einer ZL ist dagegen die Ablehnung der postmortalen Organspende der voreingestellte Standard. Man kann auch zustimmen, aber die Standard-Option „keine Zustimmung“ übt einen Sog aus.

Die Wahl der Standard-Option erfolgt immer passiv, es reicht ein Nichtstun, während die Wahl der nicht voreingestellten Option aktives Handeln erfordert – bei der WSL und bei der ZL.

Allerdings: der Sog ist wirkungslos bei Menschen, die wissen, was sie wollen. Sie wählen die Alternative, die für sie am besten ist, unabhängig von der Voreinstellung. Nur auf die Unentschlossenen hat die Voreinstellung einen Einfluss. Dieser Einfluss kann sozial erwünscht und unerwünscht sein – aber die individuelle Entscheidungsautonomie beeinträchtigen.

Wenn die WSL als Voreinstellung gilt, kann es Menschen geben,

  • die noch unentschlossen sind, ob sie nach ihrem Tod Organe zur Verfügung stellen wollen,
  • deren Einstellung aber eher in Richtung Ablehnung der Organspende geht,
  • ohne dass sie aber einen Widerspruch dokumentiert hätten
  • und dies auch nicht den Verwandten kommuniziert haben.

Diese Menschen könnten im Rahmen einer WSL zu einer Organspende herangezogen werden, obwohl sie dies eher ablehnen als bejahen würden. In gewisser Weise ist die Entscheidungsautonomie dieser Menschen durch die WSL beeinträchtigt. Allerdings wäre, sozial gesehen, die Wirkung günstig, denn es würde mehr Organspenden geben.

Zu einer solchen Einschränkung der Entscheidungsautonomie kann es aber auch kommen, wenn die ZL als Voreinstellung gilt, denn es kann Menschen geben,

  • die noch unentschlossen sind, ob sie nach ihrem Tod Organe zur Verfügung stellen wollen,
  • deren Einstellung aber eher in Richtung Bejahung der Organspende geht,
  • ohne dass sie aber eine Zustimmung dokumentiert hätten
  • und dies auch nicht den Verwandten kommuniziert haben.

Diese Menschen könnten im Rahmen einer ZL nicht zu einer Organspende herangezogen werden, obwohl sie dies eher bejahen als ablehnen würden. Deren Entscheidungsautonomie wäre in gewisser Weise beeinträchtigt – wobei das Ergebnis, weniger Organspenden, zudem sozial nachteilig wäre.

Die folgende Tabelle zeigt im Überblick die möglichen Fälle, due  bei Unentschlossenen auftreten können.

 

Die Wirkung der Voreinstellung auf die Unentschlossenen:

Autonomie und Zahl der Organspenden

Es gilt die

Einige Menschen sind unentschlossen, aber …

Entscheidungs-autonomie ist …

Wirkung auf Zahl der Organspenden

1. Widerspruchslösung

…leicht überwiegend gegen die Organspende

…leicht beeinträchtigt

Günstig

2. Widerspruchslösung

…leicht überwiegend für die Organspende

…nicht beeinträchtigt

Günstig

3. Zustimmungslösung

… leicht überwiegend gegen die Organspende

…nicht beeinträchtigt

Ungünstig

4. Zustimmungslösung

… leicht überwiegend für die Organspende

…leicht beeinträchtigt

Ungünstig

 

Das Ergebnis ist: Beide Regelungen – die Voreinstellung „WSL“ wie auch die der „ZL“ – können, aber müssen nicht zu einer Beeinträchtigung der Entscheidungsautonomie führen. Dazu kommt es nur bei den Unentschlossenen und nur in den Fällen 1 und 4, in denen die Menschen sich gegen die Voreinstellung entscheiden müssten (was sie könnten, es aber nicht tun, weil sie zu unentschlossen sind). Die soziale Wirkung der WSL (1 und2) ist in jedem Fall günstig, die der ZL ungünstig (3 und 4). Warum haben sich manche Menschen in der Frage ihrer Bereitschaft zur Organspende nach dem Tod noch nicht zu einer Entscheidung durchgerungen? Vermutlich, weil ihnen diese Frage nicht sehr wichtig ist.

Es scheint so, dass manche Kritiker der WSL gar nicht sehen, dass es zu einer Einschränkung der Entscheidungsautonomie nicht nur bei der WSL (Fall 1) sondern auch bei der ZL (Fall 4) kommen kann. Wenn sie dies sehen, müssten sie ihre Ablehnung der WSL damit begründen, dass die Einschränkung der Entscheidungsautonomie im Fall 1 gravierender sei als im Fall 4. Aber dafür bräuchte es dann auch eine Begründung. Mir ist sie noch nicht begegnet.

 

Dr. Rigmar Osterkamp

 

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Eine Mahnung von 1970 (!) -- leider immer noch angebracht

"Bei der Organtransplantation muss die Gesellschaft letztlich eine harte Entscheidung treffen: Vorrang für das Leben oder für Tabus?"

Jesse Dukeminier Jr.

Persönlich betroffen

Die Interessen der persönlich und familiär vom Organmangel Betroffenen -- auch die der zukünftig Betroffenen -- finden politisch nur unzureichend Gehör. Durch Bildungsarbeit, Aufklärung und gute Argumente setzen wir uns für Reformen ein, die allen nützen.